
Susanne Decker
Psychologische Psychotherapeutin in der Praxis im Güntzelkiez - erklärt Ihnen hier alles Wichtige, was Sie über Verhaltenssüchte wissen sollten.
ERKLÄRUNG
Frau Decker, was sind Verhaltenssüchte?
Frau Decker: Von einer Verhaltenssucht („nicht stoffgebundenen Abhängigkeit“) sprechen wir, wenn ein bestimmtes Verhalten exzessive Formen angenommen und den Charakter einer Sucht entwickelt hat. So können verschiedene alltägliche Verhaltensweisen wie z.B.
- Arbeit
- (Computer-)Spiele
- Glücksspiele
- Medienkonsum
- Einkaufen
- Sport
- Sex oder Pornokonsum
in extremer Ausprägung plötzlich zur Sucht mit negativen seelischen, körperlichen, finanziellen und sozialen Folgen werden. Das Verhalten stiehlt uns die Zeit für andere Aktivitäten und nimmt einen immer größer werdenden Teil des Lebens ein.
Also ist eine Verhaltenssucht genauso eine Sucht wie z.B. die Alkoholsucht?
Frau Decker: Ja, denn nicht stoffgebundene Süchte haben einige Gemeinsamkeiten zu klassischen Süchten wie Alkohol- oder Drogenabhängigkeit, nur dass keine Substanz im Spiel ist, sondern eben das Verhalten exzessiv und mit negativen Folgen betrieben wird. Und wie bei anderen Süchten auch geht es darum, die Kontrolle wiederzuerlangen.
Symptome
Woran merke ich, dass ich eine Verhaltenssucht habe?
Frau Decker: Ob es sich bei einem bestimmten Verhalten noch um ein leidenschaftlich betriebenes Hobby oder schon um eine Abhängigkeit handelt, ist nicht immer leicht zu sagen. Ein Warnsignal ist sicherlich, wenn für die Tätigkeit übermäßig viel Zeit und Energie aufgebracht wird, wir fast wie „besessen“ sind oder einen zwanghaften, starken Drang zu dem Verhalten spüren. Wir haben das Gefühl, dass wir gar nicht anders können. Andere Lebensbereiche, Pflichten, Aktivitäten und Bedürfnisse und auch Beziehungen geraten immer mehr in den Hintergrund, und wir verlieren immer mehr unsere Freiheit.
Ab wann wird es ernst, Frau Decker?
Frau Decker: Spätestens dann, wenn Probleme im sozialen Umfeld und am Arbeitsplatz entstehen. Es ist ein deutliches Warnzeichen, wenn es zu gesundheitlichen Problemen kommt, wir uns immer mehr zurückziehen, wegen des Verhaltens immer häufiger mit anderen streiten, wir psychische Veränderungen bei uns bemerken oder wir uns zunehmend selbst vernachlässigen, also wir z.B. nicht mehr regelmäßig essen, einkaufen, schlafen.
Wie kommt es zur Entwicklung einer Verhaltenssucht?
Frau Decker: Für die Verhaltenssüchte gibt es keine einfache und allgemeingültige Ursache. Mögliche Ursachen sind mangelnde soziale Kontakte, gehäufte soziale und/oder familiäre Konflikte, soziale Ängste, ein geringes Selbstwertgefühl, die Verfügbarkeit und soziale Akzeptanz der Tätigkeit, eine genetische Vorbelastung für die Entwicklung von süchtigem Verhalten oder auch fehlende Ziele und Lebensinhalte.

Behandlungen und Behandlungskombinationen
Was kann man tun, wenn man unter einer Verhaltenssucht leidet?
Frau Decker: Als wirksam hat sich – ähnlich wie bei anderen Süchten – kognitive Verhaltenstherapie als Einzel- oder Gruppenbehandlung erwiesen. In stark ausgeprägten Fällen kann auch eine medikamentöse, stationäre oder teilstationäre Behandlung sinnvoll sein. Auch Beratungsangebote und Selbsthilfemöglichkeiten, die über verschiedene Vereine oder andere Anlaufstellen angeboten werden, sind empfehlenswert. Wir beraten Sie gern bei der Auswahl.
Welche Behandlungsmöglichkeiten bieten Sie in Ihrer Praxis an?
Frau Decker: Wir bieten in unserer Praxis neben verhaltenstherapeutischer Einzeltherapie auch Gruppentherapie und Präventionskurse an, die im Rahmen anderer Strategien hilfreich zur Behandlung von Verhaltenssüchten sein können. Auch kann eine Diagnostik zur Analyse der Selbststeuerungsfähigkeiten und der bewussten und unbewussten Bedürfnisse (Energiequellen) hilfreich sein. Welches unserer Angebote für Sie passend ist, finden wir gern gemeinsam in einem Ersteinschätzungsgespräch heraus.
Behandlung anfragen.
Wann sollten Sie sich Hilfe suchen?
Sie wenden sich direkt an uns. Schreiben Sie uns gerne eine Anfrage per Mail oder rufen Sie uns an. Wir versuchen uns so schnell wie möglich bei Ihnen zurück zu melden und Sie über Möglichkeiten zu informieren.
Dauer 5 Minuten
keine Vorbereitung notwendig
1. Therapeutin und Behandlungsart auswählen
2. Anfrage per Mail oder Telefon stellen
3. Antwort erhalten
Häufig gestellte Fragen zum Thema
Frau Decker: Die exzessive Ausübung der jeweiligen Tätigkeiten aktiviert dieselben Belohnungszentren im Gehirn und führt zu einer ähnlichen Symptomatik wie substanzbezogene Süchte, also z.B. Alkohol-, Tabak- und Drogensucht, d.h. es entwickelt sich ein intensiver Drang, es immer wieder zu tun, quasi ein Kontrollverlust, es kommt zu einer Toleranzentwicklung, d.h. wir brauchen immer mehr, damit es den gleichen Effekt hat und es treten Entzugserscheinungen auf, die Gedanken kreisen nur noch um die Tätigkeit.
Frau Decker: Das ist in vielen Fällen (anders als bei stoffgebundenen Süchten) gar nicht möglich oder realistisch, weil sich die Sucht eben auf alltägliche Tätigkeiten oder Bedürfnisse bezieht, wie z.B. Einkaufen oder Sport. Es geht also eher darum, wieder das eigene richtige Maß zu finden und dadurch Kontrolle und Freiheit zurückzugewinnen.